Der Taktfahrplan 1982

Auf den Fahrplanwechsel im Frühjahr 1982 wurde mit grossem Pomp in der Schweiz der Taktfahrplan im Personenverkehr eingeführt. Das Motto hiess:“ Jede Stunde ein Zug!“ Das stimmte nicht ganz, so gab es auf der Linie Ziegelbrücke- Chur teilweise noch Taktlücken von zwei Stunden, aber das ist nur ein Detail, wir sind im Osten von Zürich und somit weniger wichtig für unser Land. Weil der Personenverkehr schon damals von Steuergeldern lebte, wurden einfach noch mehr Steuergelder versenkt. Aber es gab von 6 Uhr morgens bis 23 Uhr am Abend in Ziegelbrücke Zugsgruppen, die regelmässig Anschlüsse auf andere Züge hatten. Auch der Wochenendfahrplan der Personenzüge glich sich den Zügen an, die während den Wochentagen verkehrten.

Das war aber der erste grosse Fahrplanwechsel im Personenverkehr, denn ich erlebt hatte, praktisch kein Stein blieb auf dem anderen. Auch erhielten alle Züge neue Zugnummern, es sollte nur noch einmal die gleiche Zugnummer in der Schweiz geben. So soll es bisher in der Westschweiz die gleichen Zugnummern wie in der Deutschschweiz gegeben haben.

Ausser in Tagesrandzeiten verschwanden alle Pendelzüge aus unserer Gegend. Diese wurden anderswo gebraucht.

Die Regionalzüge auf den Strecken Rapperswil- Linthal und Ziegelbrücke-Chur wurden auf Lokbespannte Züge umgestellt. Die Wagen waren vorwiegend vom Typ Leichtstahl. Die Loks waren hauptsächlich Vorkriegsloks der Typen Ae 4/7 und Ae 3/6 I. Von den Ae 3/6 I waren die ältesten Loks aus dem Jahre 1921 auf diesen Strecken anzutreffen, wie die damals noch vorhanden Nummern 10602, 10605,10609,10612. Es war Lokmangel, darum wurden in dieser Zeit vom Typ Re 4/4 II nochmals zwei Serien beschafft. In Ziegelbrücke wurden die Regionalzüge, die von Chur her einfuhren, sofort umfahren und fuhren nach 10 Minuten zurück nach Chur. Da am Wochenende der Güterverkehr fast eingestellt ist, fuhren die neueren Loks an den Wochenenden auf diesen Strecken, weil eine neuere Lok pro Kilometer weniger Geld kostete. Die alten Loks blieben über das Wochenende abgestellt, so führten Ae 6/6 die Regionalzüge. Mancher dieser alten Loks mussten wir, im Winter nach kalten Wochenenden, mit einem Batteriewechsel das Leben neu einhauchen. Dies, weil bei diesen alten Loks die Batterien vom Fahrmotorventilator geladen wurden, also kein statisches Ladegerät hatten. Oder der Lokführer musste, weil die Luft aus den Behältern entwichen war, die Handluftpumpe betätigen, so dass der Stromabnehmer wenigstens an die Fahrleitung hoch ging.

Die Regionalzüge von Zürich nach Ziegelbrücke wurden auf Lokbespannte Züge vom Typ Re 4/4 II umgestellt. Diese trafen immer 20 Minuten vor der Stunde ein. Auch diese wurden sofort umfahren, blieben aber 40 Minuten stehen. Die Eilzüge von Zürich nach Chur fuhren nur noch die Strecke Zürich-Ziegelbrücke retour und wurden umbenannt auf Schnellzüge. Bei uns hiessen diese „Bauernschnellzüge“. In der ungeraden Stunde, 10 Minuten nach Ankunft des Regionalzuges fuhren diese „Bauernschnellzüge“ hinten an den Regionalzug. Die Lok wurde vom Regionalzug übernommen, die Lok vom Regionalzug fuhr in diesen ungeraden Stunden Seite Zürich an den „Bauernschnellzug. Dieser fuhr 10 Minuten nach dem Intercity wieder nach Zürich, hatte also eine Wendezeit von 20 Minuten. So hatten wir beträchtlichen Rangieraufwand, der mitten in der Zugsgruppe stattfand, neben dem damals noch zu rangierenden Güterzügen. Der Grund war auch, die alten Loks sollten nicht mehr nach Zürich kommen. In diesen ungeraden Stunden waren die Schnellzüge von Basel nach Chur, neu Intercity, IC genannt. Eine Zugkategorie die von den Deutschen importiert wurde. In der geraden Stunde hiessen die Züge weiterhin Schnellzüge. Diese Züge fuhren immer zur Stunde und kreuzten in Ziegelbrücke den Zug von Chur nach Basel. Diese Züge wurden sukzessive mit den Einheitswagen IV bestückt, denn diese Wagen waren damals in der Ablieferung. Sogar für Gesellschaftsreisen wurden damals die Einheitswagen IV verlangt.

An Werktagen gab es am Abend auch noch Einschaltzüge oder damals noch vielfach Abonnamentenzüge genannt. Diese mussten von Zürich her zum Wenden bzw. Umfahren nach Weesen oder Näfels-Mollis weiterfahren, da in Ziegelbrücke während der Zuggruppe kein Platz war.

Leider wurden auch auf diesen Taktfahrplan eine Menge Post-und Schnellgüterzügen gestrichen, um Streckenkapazität zu schaffen und Loks für den Taktfahrplan zu gewinnen.

Alle Züge, die einen Gepäckwagen hatten, wurden bedient und die Gutstücke in den nächsten Zug umgeladen, wo dies möglich war. Einzig bei der ungeraden Stunde, war die Ankunft des Zuges von Rapperswil nach Linthal zwei Minuten vor Ankunft des IC von Basel. Der IC war schneller, weil er zwischen Zürich und Ziegelbrücke keinen Halt hatte. Da hatten wir Weisung zuerst den IC zu bedienen, weil der Gepäckwagen des IC am Schluss des Zuges war, der Glarnerzug hatte den Gepäckwagen aber an der Spitze. Man wollte die Gepäckwagen der Glarnerzüge auch an den Schluss stellen, aber gewissen Herren Vorständen passte dies nicht, weil für sie der Weg vom Büro an den Gepäckwagen so zu weit war. Später wurden die Kompositionen für eine bis zwei Fahrplanperioden gewendet, später aber wieder in die ursprüngliche Reihung gestellt. Die Laufwege der Vorstände aus den Büros waren vermutlich zu weit. Die umzuladenden Gutstücke nach Chur wurden dann in den Regionalzug nach Chur umgeladen. Meistens war aber der IC wenige Minuten zu spät, so konnte die Gutstücke noch auf den IC umgeladen werden. Überall in der Schweiz gab es plötzlich Zugsverspätungen von wenigen Minuten, was im Parlament in Bern Anlass zu Diskussionen gab. Eine Minute Verspätung ist eben für einen Parlamentarier, mit 1.Klasse Generalabonnement vom Steuerzahler bezahlt, schlimm. Auch war es damals noch vereinzelt üblich, dass der Reisende mit dem gleichen Zug reiste, wie sein Gepäckstück. So gab es auf diesen Taktfahrplan eine Weisung, Fahrräder dürfen nur in Endbahnhöfen in den IC verladen werden, aber nicht in Zwischenbahnhöfen wie Ziegelbrücke. Grund sei, dass dies eine Verspätungsquelle sei. Wenn wir Fahrräder hatten, fragte der Fahrdienst die Zugüberwachung an, und es wurde dann in den meisten Fällen bewilligt. Wir vom Gepäckumladedienst waren sowieso die Blitzableiter beim Publikum, wie hätten wir das dem Publikum beibringen können, dass ihr Fahrrad erst mit dem nächsten Zug transportiert wird? Mein Satz war immer: „Ihr müsst halt andere Politiker wählen!“

Schliesslich war und ist die Bahn sehr von politischen Richtlinien bestimmt, aber die meisten wissen das nicht.

Dass der Schnellzug nach Zürich und der Regionalzug nach Zürich in den ungeraden Stunden in Gleis 8 hintereinanderstanden, war einmal der Anlass, dass der Zugbegleiter des Regionalzuges einmal versehentlich mit dem Schnellzug mitfuhr. Dieser „Bauernschnellzug“ fuhr bekanntlich ohne Halt bis Siebnen-Wangen. So fuhr ich als „Zugbegleiter“ mit nach Siebnen-Wangen, um überall die Türen zu schliessen. Automatische Türschliessung bei Zügen gab es in diesen Tagen eigentlich erst bei den Pendelzügen, die Umrüstung bei Lokbespannten Zügen war erst im Anlauf. Einige Wochen später rief mich der Lokführer, der den Regionalzug an jenem Tag geführt hatte, mit meinem Vornamen an. Früher kannte man Leute erst mit Namen, wenn man etwas falsch gemacht hatte. Ich lief zu diesem und überlegte mir, was ich falsch gemacht habe? Als ich bei ihm war, lobte er mich für diesen Einsatz. Mit diesem Lokführer hatte ich bis zu seiner Pension ein sehr gutes Verhältnis.

In diesen Jahren übernahm ich auch noch Rangiertouren, war ich doch in den Vorjahren mehr im Gepäckdienst eingeteilt. Teilweise wurden damals Personenzüge am Mittag neu aufgeteilt und die einzelnen Wagen mussten am frühen Nachmittag an andere Züge verteilt werden. Dies waren die Verstärkungen für die Spitzenzeit im Feierabendverkehr.  

Zwei Ae 3/6 I in Ziegelbrücke, damals Alltag (Foto Thomas Aschwanden)

 

 

Im Herbst 1982 verkehrte die Dampflok C 5/6 2978 mit drei Personenwagen „schwerer“ Bauart als Extrazug für die Firma „Zürcher Ziegeleien“ von Zürich kommend nach Näfels-Mollis.

Viele Wagen „schwerer“ Bauart verfügten noch über eine Dampfheizung und waren teilweise sogar noch International einsetzbar.

Im Herbst 1983 verkehrte diese Lok nochmals mit einer öffentlichen Nostalgiefahrt von Zürich nach Chur. Anlass war 125 Jahre Eisenbahn im Rheintal.

C 5/6 in Sargans in den 1950er Jahren. Bis 1960 haben vielfach Dampfloks Güterzüge zwischen Zürich und Buchs SG geführt. Grund war Lok- und Strommangel wegen der damaligen Hochkonjunktur. Wasserfassen und Abdrehen in Sargans, mussten doch bis 1983 alle Züge in Sargans eine Spitzkehre machen(Foto Peter Suter)

 

 

Arbeit, die nicht sein muss

Leider ereigneten sich immer wieder Suizide, dies vor allem in der Weihnachtszeit. Zwischen Ziegelbrücke und Schänis hatte es damals einige unbewachte Bahnübergänge. Der Regionalzug der um 16 Uhr Ziegelbrücke Richtung Rapperswil verlies, erwischte auf einem von diesen Übergängen einen Leidgeprüften. Die Bürokratie war noch nicht wie heute, wo bei einem solchen Vorfall der ganze Betrieb stundenlang stillgelegt wird. Der Zug konnte weiter nach Rapperswil verkehren. Der Vorfall wurde erst 2 Stunden später, als der Zug von Rapperswil nach Linthal verkehrte, vom Erkennungsdienst der Kantonspolizei behandelt. Dazu musste um 18 Uhr bei diesem Zug die Lok abgehängt, einige Meter vom Zug weggefahren werden. Dann wurde Fotografiert und nachher wieder an den Zug angefahren. Dies während dem normalen Aufenthalt des Zuges. Es traf natürlich mich, die Lok ab-und anzuhängen. An der Lok sah man nur ganz leichte Spuren, aber es gab zu denken. Es war Wochentags und es war eine Re 4/4 II statt eine Ae 3/6 I eingeteilt. Die Neuablieferung der Re 4/4 II machte sich schon bemerkbar.

 

 

1983

Auf den Fahrplanwechsel vom 29.Mai 1983 hatte es, nach Berechnung einer externen Beraterfirma, die natürlich nichts kostete, zu viele Loks und auch der Güterverkehr war wieder rückläufig.

Es hatte genug Re 4/4 II, der Lokumlauf wurde vereinfacht. Die Loks von den Regionalzügen von Zürich fuhren an die Regionalzüge nach Sargans, die Loks von Sargans auf die Regionalzüge, bzw. Schnellzüge nach Zürich. Das umfahren entfiel, leider wurde somit die Arbeit auch weniger.

 

Gleis 7 Regionalzug nach Chur mit Re 4/4 II, die den Regionalzug von Zürich brachte

Gleis 8 Regionalzug retour nach Zürich, der die Lok vom Regionalzug von Chur erhält

Gleis 9 Schnellzug nach Chur, damals vorwiegend mit EW I und II

(Foto Peter Suter)

 

Vermehrt wurden die Ae 3/6 ausrangiert, so die Ae 3/6 I 10602. Diese war bekannt, weil diese als Ae 3/6 10302 mit Zierlinien auf Fabrikbildern posierte. Sie wurde für den Abbruch in einem Schnellgutzug nach Chur überführt. Aber auch der Ae 4/7 ging es langsam ans Eingemachte, waren von diesen fast alle noch in Dienst.

Auch wurden auf diesen Fahrplanwechsel die restlichen Ae 4/6 ausrangiert.

Ae 4/6, Baujahre 1940er Jahre, 1978 in Locarno.

Dieser Loktyp verkehrte imm er am Gotthard

(Foto Paul Bickel)

Ae 3/5  Baujahr 1920er Jahre, hier ein Exemplar das ab den 1960er Jahren bis 1980 als Pendellok beim Autoverlad durch den Gotthardeisenbahntunnel eingesetzt wurde, nachher fuhren diese bis 1983 mit Pendelzügen im Freiamt

(Foto Paul Bickel)

De 4/4 auf Unkrautspritzfahrt in Ennenda, Ausfahrt Richtung Glarus

Bei Spritzfahrt verkehrte der Zug geschoben, man sieht das Unkrautvertilgungsmittel

Foto Martin Gross

Ausser einem Museumsexemplar wurden auch alle Ae 3/5, De 6/6 und die De 4/4 mit Holzkasten ausrangiert. Von den ausrangierten Typen sah ich nur die De 4/4 einmal im Jahr bei uns.

Dies mit dem Unkrautvertilgungszug, dieser wurde nachher vorwiegend mit Ae 3/6 geführt. Meistens waren es noch solche Exemplare mit einem defekten Fahrmotor. Diese wurde dann in der Umgangssprache Ae 2/6 genannt und meistens vom Depotpersonal auch so mit Kreideschrift angeschrieben. So konnten defekte Loks noch benutzt werden.

Diese Unkrautvertilgungszüge wurden auf Bestrebungen der Grünen abgeschafft, jäten vom Unkraut aus den Gleisen gehörte danach auch vermehrt zu unseren Aufgaben. Die Natur erobert ihr Gebiet sehr schnell zurück. Die Grünen kamen aber nie zum Helfen. Die wollten sich keine späteren Gelenkbeschwerden einhandeln!

  


 

Ebenfalls im Jahr 1983, nach fünf Jahren SBB, kam ich von der 23. Besoldungsklasse in die 22. Besoldungsklasse. Gleichzeitig wurde ich in die Pensionskasse aufgenommen. Somit war das Geld schon wieder weg. Wir aus der Betriebslehre, kamen zuerst alle in die 23. Besoldungsklasse. Die von der Strasse, also solche, die keine Betriebslehre absolvierten, kamen schon bei Eintritt in die 21. Besoldungsklasse. Zu erwähnen ist, damals war die 25.Besoldungsklasse die niedrigste, die 1. Besoldungsklasse die höchste.

Auch war im Jahr 1983 der Sommer sehr warm. Ich hatte Glück, absolvierte ich doch auf Anweisung des Arbeitgebers die Frühjahrsrekrutenschule.                                              

 

Ebenso war im Jahre 1983 Betriebsaufnahme der „Sarganser-Schlaufe“. Somit konnten Züge von Zürich direkt nach Buchs verkehren.

1983 erhielten die „Swiss-Express“ Re 4/4 II teilweise wieder die normalen Zug- und Stossvorrichtungen und verkehrten wieder in unserer Gegend. Die „Swiss-Express-Wagen“ verkehrten aber weiterhin nur zwischen Genf und St.Gallen. Eine Ausnahme werde ich noch schildern.

Swiss-Express Re 4/4 II nach Ausbau der Automatischen Kupplung mit einem Militärzug nach Chur oder Schwanden, hier in Wädenswil ( Foto Peter Suter)

 

Im gleichen Jahre erschien Re 4/4 11178 nach Revision im roten Farbkleid mit Scheinwerfer.

Es wurde entschlossen, alle Nachkriegslokomotiven sollen bei einem allfälligen Neuanstrich das rote Farbkleid erhalten

 

 

Künstlerlok

Ab diesem Jahr verkehrte für einige Zeit die Re 4/4 11181 in einem Anstrich, der von einem „Kunstmaler“ Namens Bourret gestaltet wurde. Viele nannten die Lok auch Picasso oder fahrendes “Kunstwerk“. Auch bei uns verkehrte diese Lok öfters. Die Lok war aber auch Ausstellungsstück auf Lokschauen.

 

Künstlerlok Re 4/4 11181 in Basel (Foto Peter Suter)

 

 

10 Frankentag

Saurer Regen und Waldsterben waren damals ein wichtiges Thema.

Im Zeichen dieser Umweltdebatte gab es im Herbst dieses Jahres an einem Sonntag eine

Aktion. Ein Tages-GA für 10 Franken, es durften aber nur Regionalzüge benutzt werden. Es war an diesem Sonntag ein riesiger Menschenauflauf. Am Sonntagabend wurden wegen dem grossen Andrang sogar Schnellzüge freigegeben, so dass diese Menschenmasse wieder nach Hause kam. Vermutlich war dieser Tag mehr ein „Labortag“ für Verkehrsstatistiker und Verkehrsexperten, so konnten diese die zukünftige Einwanderung und Massenverkehrstauglichkeit im Personenverkehr ohne störenden Güterverkehr im Massstab 1:1 studieren.

 

 

Waldsterben

Wegen der obenerwähnten Umweltdebatte wurden Horrorszenarien geschrieben, die Schweiz sei in zwanzig Jahren ohne Wald. Es wurden sogar noch Fotomontagen und Zeichnungen geliefert, die Bilder zeigten, wie die Schweiz ohne Wald aussehe. Als Massnahme gegen diese Luftverschmutzung wurde Bleifreies Benzin eingeführt und für die Förderung des öffentlichen Verkehrs ein Halbtagsabo für Hundert Franken. Auf den Hunderter Noten war damals der Architekt Borromini, der zwischen 1599 und 1667 lebte, abgebildet. Die Kampagne hiess auch, einen „Borromini“ für das Halbtaxabo. Somit wurde gross angefangen, mit Steuergeldern den öffentlichen Verkehr zu fördern, man wollte die Umweltverschmutzung auf der Strasse eindämmen. Damit fing der Massenreiseverkehr auf den Schienen an, mitsamt den Folgen, die bis heute anhalten. Es wäre auch noch zu sagen, die Wohnbevölkerung der Schweiz hatte damals „nur“ 6.5 Millionen Menschen. Wie viele sind wir heute? Mehr Bevölkerung soll nicht unbedingt dem Umweltschutz beitragen.

 

 

Blinder Passagier

Etwa im Jahr 1984 wurde mir aus dem Intercity von Chur nach Basel ein Hund abgegeben, mit der Bemerkung, dieser sei in Sargans in den Zug eingestiegen. Der Hund wurde mit einer Schnur am Halsband angeleint, am Halsband war eine Besitzernummer von Sargans. Ich meldete in Sargans diesen Hund, damit er abgeholt wird und setzte ihn beim nächsten Schnellzug von Basel nach Chur in die Gefängniszelle des Gepäckwagens. Da war er bis Sargans gut versorgt. Früher hatte es nämlich bei fast allen Gepäckwagen Gefängniszellen für das überführen von Strafgefangenen. Damals gab es noch keinen Komfort von Gefängniszügen mit Minibarbedienung wie heute. Die Schweiz muss doch einer Klientel von Straffälligen heutzutage das bequeme Absitzen ermöglichen. Wenn möglich noch alles auf einer Arschbacke, damit noch mehr kommen. Übrigens, vom Hund habe ich nie mehr etwas gehört, der ist sicher gut beim Besitzer angekommen.

 

 

Es gibt nichts was es nicht gibt

Obwohl die Ae 4/7 in dieser Zeit schon einige Zeit vor Schnellzügen verschwunden waren, kam es vor, dass dieser Loktyp vor einem Entlastungsschnellzug eingeteilt war.

Zudieser Zeit verkehrte einmal ein „Swiss-Express“ als Entlastungszug von Zürich nach Chur. Von Chur her fuhr der Zug nach Rorschach und wurde so wieder in den Verkehr St.Gallen-Genf eingefädelt. Das war das einzige Mal, dass ich einen solchen Zug in einem Einsatz bei uns sah.

 

 

Haben wir Glück gehabt?

An einem heissen Abend im Jahre 1984 wurde der Schnellzug, der um 22 Uhr nach Chur verkehrte, einige einige Zeit in Ziegelbrücke stehen gelassen. Ein Kesselwagenzug, der etwa 30 Minuten vorher, gezogen von der Re 6/6 „Aigle“ durch unseren Bahnhof fuhr, war in Sargans entgleist. Weil der Kesselwagenzug „nur“ mit Schweröl beladen war, lief das ganze einigermassen glimpflich ab. Schweröl ist klebrig und nicht leicht brennbar. Der Schnellzug konnte nach etwa 20 Minuten seine Fahrt fortsetzen. Nach vielen Jahren sah ich ein Bild von der Bergung der defekten Kesselwagen in Sargans. Dadurch liess sich dieser Abend rekonstruieren, es war der 4.Juni 1984.

Bergung der Kesselwagen in Sargans, am Tag nach dem Unfall 5.Juni 1984, ohne „Zuschauer“ läuft wie immer nichts (Bild Stefan Motz)